Die Anleger mögen Ruhe und deswegen ist es nicht überraschend, dass das klare Votum der Wähler, die am letzten Wochenende bei den Kommunalwahlen mit 45 % für die AKP des Regierungschefs Erdogan gestimmt haben, an den Märkten positiv aufgenommen wurde. Die Wahl gilt als Testlauf für die im August anstehende Präsidentschaftswahl, bei der Erdogan erstmalig antreten will.
Nach dem jüngsten Ergebnis scheinen seine Aussichten gut zu sein, was die Anleger, die den wirtschaftlichen Boom der letzten Jahre mit der Person und der Politik Erdogans verbinden, offensichtlich begrüßen. Dementsprechend hat die türkische Lira nach der Wahl zugelegt und das erste Quartal nach mehr als einem Jahr ohne weitere Verluste gegenüber dem US-Dollar abgeschlossen. Auch der Aktienmarkt hat einen kräftigen Sprung vollzogen und den seit Mai ausgebildeten steilen Abwärtstrend durchbrochen.
Ob damit schon das Schlimmste an der Börse in Ankara ausgestanden ist? Gut möglich. Denn die weitere Abschwächung des Wachstums von 4 % in 2013 auf wahrscheinlich 2,25 % ist keine Neuigkeit mehr, die Bewertung der türkischen Aktien mit einem KGV von knapp 10 niedrig und auch die Reduzierung der amerikanischen Liquiditätsflut dürfte inzwischen in den Kalkulationen der Anleger antizipiert sein. Nach der starken Zinserhöhung und dem nachlassenden Abwertungsdruck dürfte sich auch die Inflation im Jahresverlauf wieder beruhigen, gleichzeitig profitiert die türkische Exportwirtschaft von der währungsbedingt verbesserten Wettbewerbsfähigkeit.
Das größte Risiko bleibt die Politik. Sollte Erdogan seine Racheankündigung an seinen Kritikern in die Tat umsetzen, dürfte dies zu weiteren Spannungen und Protesten führen. Leider ist vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen dieses Szenario alles andere als unwahrscheinlich.
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