Die Hausse währt nun schon länger als fünf Jahre, und sie läuft und läuft. Der Dax hat in der letzten Woche erstmals die Marke von 10.000 Punkten erklommen, bevor Gewinnmitnahmen einsetzten. Der Kurszuwachs seit dem Tief im März 2009 beträgt mittlerweile satte 180 %. Das schürt die Sorge vor einer Trendwende. Aber genau dieses Phänomen sorgt für die hohe Stabilität des Aufwärtstrends.
Es ist ein psychologisches Phänomen, dass mit der Höhe der Kursgewinne die Angst vor dem Rückschlag zunimmt. Da die Märkte in der Regel einer Wellenbewegung folgen, steigt in der Tat mit der zeitlichen Dauer und dem Ausmaß einer Aufwärtsbewegung auch die Wahrscheinlichkeit für eine Trendwende. Nur kann man daraus noch nicht ableiten, wann genau ein Zyklus endet. In der Historie hat die Dauer der Bullenmärkte deutlich variiert. Daher muss man sich an Begleiterscheinungen orientieren, um zu beurteilen, ob es Zeit für den Ausstieg oder zumindest eine Reduktion der Positionen ist.
Gerade wenn die Angst vor einem Rückschlag groß ist, ist dessen Eintrittswahrscheinlichkeit aber relativ niedrig. Denn diejenigen, die mit einem Kursrückgang rechnen, dürften ihre Engagements bereits glattgestellt oder sogar Shortpositionen eröffnet haben. Ist dieses Lager groß, besteht ein hohes Potenzial für Nachkäufe (oder die Schließung von Shortpositionen), wenn die Kurse weiter steigen und die Pessimisten widerlegen.
Genau diese Entwicklung dürfte in den letzten Wochen zu beobachten gewesen sein. Die kräftigen Marktkonsolidierungen im Januar und April haben das Bullenlager, gemessen an der Sentimentmessung der American Association of Individual Investors, kräftig schrumpfen lassen. Vorübergehend, nämlich Mitte April beim Zwischentief an den Börsen, gab es sogar mehr Bären als Bullen – ein eher seltenes Phänomen, denn der Anleger geht in der Tendenz eher von steigenden Kursen aus, was ja auch einer im Trend wachsenden Wirtschaft entspricht.
Die jüngsten Rekordstände haben aber für eine Aufhellung der Stimmung gesorgt, der Bullenanteil liegt mittlerweile wieder bei 44,7 %, das ist immerhin der höchste Wert seit etwa sechs Monaten und deutet damit auf eine gestiegene Wahrscheinlichkeit für eine kurzfristige Konsolidierung hin. Dennoch ist die Stimmung für den grundsätzlichen Haussetrend immer noch eher verhalten und damit unbedenklich. Das lässt sich jedenfalls aus einem Vergleich mit den historischen Daten der AAII zu den Endphasen früherer Haussebewegungen ableiten. Insbesondere im Jahr 2000 kannte die Zuversicht der Anleger keine Grenzen mehr, der Anteil der Bullen wurde auf einen Extremwert von 75 % beziffert (bei nur noch 13,3 % Bären). Mitte Januar 2007 wurden zumindest fast 58 % gemessen.
Die Rekordjagd der Leitindizes führt aktuell zu einem Umdenken der Anleger, der lange zu beobachtende Pessimismus hat abgenommen. Im Sinne der Contrary Opinion könnte das zu einer Konsolidierung führen, die Mitte letzter Woche vielleicht sogar schon gestartet ist. Gefahr für den übergeordneten Haussetrend sehen wir aber…
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