Continental gibt wieder kräftig Gas – wer hätte das gedacht vor drei, vier Jahren, als die Traditionsmarke nach der Übernahme durch Schaeffler am Rande des Abgrunds stand. Der Anlegerbrief hatte die Lage 2010 durchaus treffend eingeschätzt: „Conti gibt wieder richtig Gummi“ – heute steht der Titel mehr als doppelt so hoch. Und zu recht: Conti sollte sich jeder, der Nebenwerte auf dem Radar hat, näher ansehen. Denn das Unternehmen ist auch im größten deutschen Index der ewige Nebenwert, der aufgrund seiner Zyklik nicht eben von allen Fondsmanagern gemocht wird und nicht ganz oben auf der Setzliste steht – die Chance für Anleger also.
Ein Unternehmen wie Continental bedarf keiner großen Vorstellung. Im Zuge der Finanzkrise 2008 wurden die Hannoveraner vom aufstrebenden Automobilzulieferer Schaeffler übernommen. Da Conti selbst schon ziemlich „geleveraged“, also fremdfinanziert war, geriet Schaeffler mit dem Kauf direkt in die Krise – und musste die Bundesregierung um Hilfe bitten. Dann erübrigte sich die Krise 2008/09 irgendwann und sowohl Schaeffler als auch Continental erholten sich in puncto Geschäftszahlen. Der Conti-Kurs, da weiterhin aktiennotiert, steht heute rund 8-mal so hoch wie innerhalb der kritischen Phase. Ein Jahr später hatte der Anlegerbrief eine Bestandsaufnahme gemacht und Conti entsprechendes Potential bescheinigt. Schaeffler hält inzwischen nur noch 46% der Anteile, ist also „nur“ noch Großaktionär.
Continental ist heute nicht nur einer der weltweit führenden Reifenhersteller. Die Hannoveraner sind auch die Nummer 1 bei u.a. hydraulischen Bremssystemen, Fahrerassistenzsystemen, Airbag-Steuergeräten und bei Kraftstoffversorgungssystemen. Im Stammgeschäft mit Reifen ist Continental hingegen „nur“ die weltweite Nummer 4 (hinter den Konkurrenten Michelin, Bridgestone und Goodyear), allerdings der Platzhirsch innerhalb Europas. Der Konzern beschäftigt rund 170.000 Mitarbeiter in 46 Ländern. Nach einer längeren Auszeit ist Conti seit Herbst vorvergangenen Jahres zudem wieder Mitglied im Dax. Zuvor pendelte die Aktie schon mehrfach zwischen MDax und Dax.
Für 2013 trumpften die Norddeutschen gerade einmal mehr mit sehr guten Geschäftszahlen auf. Vor allem die EBIT-Marge von 11,2% überraschte positiv – kein Wunder, profitierte Conti doch von insgesamt rückläufigen Rohstoffpreisen. Und Kautschuk zählt nun einmal dazu. Zu den Highlights des vergangenen Jahres zählt, dass der europäische Branchenprimus seinen Umsatz leicht auf 33,3 Mrd. Euro steigerte. Währungseffekte verhagelten dabei ein noch besseres Ergebnis, positive Rohstoffpreisentwicklungen sorgten umgekehrt jedoch für positive Beiträge. Im laufenden Jahr von einem Umsatzplus von rund 5% auszugehen, ist nicht zu weit hergeholt – angesichts der Größe des Multis aber auch nicht mal eben aus dem Ärmel zu schütteln.
Schwachpunkt ist die weiterhin recht hohe Verschuldung – Conti hatte kurz vor dem Aufkauf durch Schaeffler wiederum selbst eine gewagte Übernahme bewerkstelligt: Siemens VDO. Angeblich reibt man sich noch heute in München die Hände angesichts des damaligen Deals, mit dem Siemens seine Automotive-Tochter VDO zu klar überhöhten Preisen – und fast direkt vor der Finanzkrise – an die Hannoveraner loszuschlagen vermochte. Darüber hinaus ist Conti in den eigentlichen Wachstumsregionen, also z.B. den Schwellenländern, nicht präsent genug. Das Deutschland- und Europa-Geschäft trägt unverändert die Hauptlast.
Für den Kurs wiederum bestehen die bekannten Risiken, namentlich dass sich Schaeffler im Zuge eigener Entschuldung von weiteren Conti-Anteilen trennt und damit den Kurs drückt. Doch davon ist noch nichts zu sehen: Conti läuft seit vielen Quartalen schon wie auf Schienen nach oben. Dass sich die Rohstoffpreise nicht immer wie 2013 in die richtige Richtung entwickelt, darf man aber niemals aus den Augen verlieren.
Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 14 im laufenden Geschäftsjahr ist Conti gut bezahlt, aber nicht zu teuer. Das Verhältnis von Enterprise Value (Gesamtwert des Konzerns inklusive Schulden) beträgt etwa 10 im Verhältnis zum operativen Ergebnis. Die Eigenkapitalrendite fällt mit fast 20% angesichts der hohen Verschuldung entsprechend stattlich aus. Die Richtung insgesamt stimmt aber:…
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