Nach der fulminanten Rally bis Mitte Mai hat sich der Dax in der anschließenden Konsolidierung lange Zeit in der charttechnischen Komfortzone zwischen 8.000 und 8.530 Punkten gehalten. Turbulenzen in Chinas Finanzsektor sorgte aber schließlich dafür, dass der Korridor doch nach unten verlassen wurde. Der kurzfristige Aufwärtstrend ist aber noch intakt.
Während die Aufmerksamkeit der Investoren durch die Unsicherheit über die weitere konjunkturelle Entwicklung in Europa gebunden wurde, hat sich in China weitgehend unbemerkt Unheil zusammengebraut. Die dortigen Behörden haben in diesem Jahr den Kampf gegen Devisenspekulationen und die uferlose Kreditvergabe verschärft. Durch neue restriktive Regeln wurden zuletzt die Währungsgeschäfte erfolgreich eingedämmt, jetzt war die Kreditvergabe an der Reihe. Die Notenbank hat zahlreiche Institute gewarnt, dass sie sich nicht auf (bislang übliche) Kredite der Zentralbank verlassen, sondern selbst für eine Refinanzierung mit Hilfe des Einlagengeschäfts sorgen sollen. Das führte am Interbankenmarkt, auf dem sich die Institute untereinander Geld leihen, zu zunehmenden Spannungen. Anfang letzter Woche lag der Zins noch bei knapp über 6 %, am Donnerstag erreichte er mit 25 % kurzzeitig ein Panikniveau.
Am Markt grassierten infolgedessen Sorgen hinsichtlich eines möglichen Zusammenbruchs chinesischer Banken, auch große Adressen wie die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) sowie die Bank of China wurden gehandelt. Die unmittelbare Folge war ein Kursabsturz, vor allem bei chinesischen Leitindizes. Das war allerdings eine Übertreibung, denn bei dem Vorgang handelt es sich vor allem um eine Machtdemonstration der Zentralbank, der die riskanten Kreditgeschäfte der Finanzinstitute und das Wachstum des Schattenbanksystems zunehmend ein Dorn im Auge sind. Nach dem kräftigen Schuss vor dem Bug wurde schließlich doch mit Kapitalspritzen interveniert und damit der Markt beruhigt.
Das leitete auch an den Aktienmärkten und damit beim Dax die Wende ein. Die Anleger konnten sich nun wieder der fundamentalen Entwicklung zuwenden – und gingen auf Schnäppchenjagd. Denn die Situation in Deutschland scheint durchaus aussichtsreich. Nach Schätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW dürfte das BIP im zweiten Quartal um 0,5 % zulegen, die höchste Steigerungsrate seit einem Jahr. Für einen intakten Aufwärtstrend spricht auch die Entwicklung des wichtigsten Frühindikators. Der IFO-Index konnte zuletzt erneut leicht zulegen und damit die mögliche Trendwende untermauern. Ein Anstieg in drei aufeinander folgenden Monaten gilt als ein signifikantes Signal, zwei sind nun geschafft.
Nach wie stellt sich allerdings die Frage, welche Dynamik vor allem der Süden Europas entfalten kann. Ohne einen Aufschwung in der Peripherie steht auch die Trendwende in Deutschland auf wackeligen Beinen. Und auch die Entwicklung der beiden größten Volkswirtschaften der Welt muss im Auge behalten werden. China versucht mit den jüngsten Maßnahmen, einen Weg zu finden, Exzesse einzudämmen, um auf einen nachhaltigeren Wachstumspfad mit einer vermutlich etwas geringeren Dynamik einzuschwenken. Das ist ein Wirtschaftsexperiment von gigantischen Ausmaßen. Die USA haben die Exzesse bereits hinter sich, kämpfen aber immer noch…
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