Unter dem Vormarsch der Erneuerbaren Energien hat E.ON, ebenso wie die großen Konkurrenten RWE, ENBW und Vattenfall, stark gelitten. Denn der Ausbau der Kapazitäten hat für einen Verfall des Strom-Großhandelspreises gesorgt, zudem reduzierten sich die Betriebsstunden von Gas- und Kohlekraftwerken erheblich. Die Unternehmen drohen nun damit, Kraftwerke im großen Maßstab abzuschalten, und erwarten ein Entgegenkommen der Bundesregierung. Die Aussicht auf Nachbesserungen bei der Energiewende hat der Aktie von E.ON bereits zu einer Bodenbildung verholfen.
Die Halbjahreszahlen von E.ON zeigen die ganze Tristesse der aktuellen Geschäftsentwicklung. In den ersten sechs Monaten reduzierte sich der Umsatz zwar nur leicht um 1 % auf 64,6 Mrd. Euro, aber der nachhaltige Konzernüberschuss aus dem Kerngeschäft lag dabei mit 1,9 Mrd. Euro um 42 % unter dem Vorjahreswert. Hauptverantwortlich für den Ertragseinbruch ist die geringe Auslastung der konventionellen Kraftwerke in Europa, und hier insbesondere in Deutschland. Zusammen mit den niedrigen Strompreisen sorgt das für einen erheblichen Ertragsdruck in dieser Sparte.
Die auf dem deutschen Markt aktiven Versorger wollen dieser Entwicklung aber nicht mehr tatenlos zusehen und unrentable Kraftwerke stilllegen. Mittlerweile sind bei der Bundesnetzagentur 26 Anlagen mit einer Erzeugungskapazität von 6,7 Gigawatt zur Abschaltung vorgemerkt. Bislang sieht die Behörde darin keine Gefahr für die Netzstabilität, wobei es in Süddeutschland langsam knapp werden dürfte. Im Zweifelsfall könnte ein Weiterbetrieb der Kraftwerke gegen eine Entschädigungszahlung verordnet werden. Diese Regelung geht den Konzernen aber nicht weit genug, sie fordern eine Neujustierung der Rahmengesetzgebung und damit bessere Bedingungen für einen rentablen Betrieb der Anlagen. Kommt es zu einer Großen Koalition aus CDU und SPD, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie erhört werden, denn die Sozialdemokraten hatten ähnliches im Wahlkampf vorgeschlagen.
Auch an anderer Stelle könnte E.ON in naher Zukunft eventuell einen wichtigen Erfolg verbuchen. Anfang 2014 wird der Richterspruch vom Bundesverfassungsgericht zur Klage der Düsseldorfer gegen den Atomausstieg erwartet. Der Konzern macht dabei Schadensersatzforderungen von mehr als 8 Mrd. Euro geltend, da die plötzliche Kehrtwende in der Atompolitik einer Enteignung gleichkäme. Die Verluste resultieren zum einen aus entgangenen Erträgen der bestehenden Anlagen und zum anderen aus entwerteten Investitionen, die nach der vorherigen Verlängerung der Laufzeiten vorgenommen wurden. Die Analysten von BNP Paribas äußerten sich zuletzt optimistisch zu den Erfolgschancen von E.ON im Rahmen des Verfahrens.
Das würde E.ON Luft verschaffen für den Umbau des Unternehmens. Hier kann der Konzern durchaus Erfolge vorweisen. In der Türkei hat der Ableger Enerjisa den Zuschlag für zwei weitere Regionen im Rahmen der Privatisierung der dortigen Stromnetze erhalten, damit bedient die Tochter nun 20 Mio. Kunden und ist die größte Landesgesellschaft in der E.ON-Gruppe. Das Management setzt große Hoffnungen auf den türkischen Markt, mit dem Bau eines 600 MW-Gaskraftwerks, das mit einem Wirkungsgrad von 60 % die effizienteste Anlage ihrer Art in der Türkei werden soll, setzt Enerjisa den Expansionskurs fort.
E.ON braucht allerdings auch schnelle Erfolge, denn trotz eines umfangreichen Desinvestitionsprozesses lag die Nettoverschuldung zuletzt immer noch bei ernormen 33,3 Mrd. Euro. Daher könnten die Gremien zur Schonung der Liquidität auch vorschlagen, die Dividendenausschüttung auf 50 % des nachhaltigen Konzernüberschusses zu begrenzen, bislang sind 50 bis 60 % angekündigt. Das Management erwartet derzeit bei einem EBITDA 9,2 bis 9,8 Mrd. Euro einen nachhaltigen Überschuss von 2,2 bis 2,6 Mrd. Euro. Zuletzt haben sich die Stromgroßhandelspreise in Deutschland etwas erholt, womit womöglich die Änderungen der politischen Rahmenbedingungen vorweg genommen wurden. Fällt dieser Anstieg nachhaltig aus, scheint ein Ergebnis am oberen Ende der ausgegebenen Range möglich. E.ON könnte dann 0,65 Euro je Aktie ausschütten, das entspricht einer aktuellen Dividendenrendite von 4,6 %. Das KGV für 2013 beträgt derzeit…
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