Bislang bestätigte Zalando unsere zurückhaltende Ersteinschätzung vom Oktober 2014. Doch nun konnte das Unternehmen positiv überraschen: Mit hervorragenden Quartalszahlen und einer Anhebung der Gewinnziele fürs laufende Geschäftsjahr hat Europas größter Online-Modehändler die Anleger verblüfft. Umsatz und Gewinn stiegen von Januar bis Juni deutlich, obwohl Branchenprimus Amazon dem einstigen Berliner Start-up als stärkster Rivale auf den Fersen ist und der Wettbewerb schärfer wird.
Sehr zufrieden waren auch die Anleger, der Aktienkurs schnellte um mehr als 20 % in die Höhe. Auf dem höchsten Stand seit Mitte Januar näherte er sich, mit dem größten Kurssprung der Firmengeschichte, seinem bisherigen Rekordhoch von 36,63 Euro, das er kurz vor Weihnachten 2015 erreicht hatte. Erstaunt über die Profitabilität der Berliner waren auch die Analysten. Sie hatten zum Teil sogar mit einer Senkung der Gewinnprognose gerechnet. Es gelang Zalando, im zweiten Quartal sowohl ein starkes Umsatzwachstum als auch eine hohe Profitabilität zu erzielen. Die daraus folgende Anhebung des Margenziels überraschte. Laut veröffentlichter Zahlen rechnet das im MDAX notierte Unternehmen für das abgelaufene Quartal mit einem bereinigten Betriebsgewinn von bis zu 88 Mio. Euro. Das wäre fast eine Verdreifachung zum Vorjahr, als lediglich 30 Mio. Euro erzielt worden waren. Der Umsatz stieg um rund ein Viertel auf 924 Mio. Euro. Im Vorjahreszeitraum wuchs der Umsatz allerdings noch um 34 %. Die bereinigte operative Gewinnmarge soll im laufenden Jahr nun zwischen 4,0 und 5,5 % liegen und damit einen Prozentpunkt höher als bisher prognostiziert. Finanzchef Ritter begründete die gestiegene Zuversicht unter anderem mit geringeren Kosten im Marketing. Die Erlöse sollen nach wie vor um bis zu 25 % steigen.
Spannend bleibt, wie Zalando dem US-Rivalen Amazon die Stirn bietet. In der Branche werden bereits erste Spekulationen über das Aufkeimen möglicher Übernahmefantasien laut. Während Branchenprimus Amazon seinen Kunden Millionen verschiedener Artikel anbietet und seinen Gewinn von April bis Juni auch dank des florierenden Cloud-Geschäfts verzehnfachte, konzentriert Zalando sich mit etwa 150.000 Produkten von mehr als 1.500 verschiedenen Marken ganz auf die Modebranche. Doch zuletzt hat der Online-Weltmarktführer Amazon sein Modeangebot kontinuierlich ausgebaut und damit eine ähnliche Kundschaft wie Zalando angesprochen. Bereits jetzt ist Deutschland für Amazon der zweitgrößte Markt hinter den USA. Die ungetrübte Konsumfreude der Deutschen birgt für Zalando allemal weiteres Potenzial, auch der Boom im Onlinehandel ist ungebrochen und wurde im zweiten Quartal erneut vom privaten Konsum entscheidend getragen. Die jüngsten Zahlen belegen dies: Im ersten Halbjahr setzte der Einzelhandel inflationsbereinigt 2,3 % mehr um als im Vorjahreszeitraum, im Juni verzeichnete die Branche gar ein Plus von 2,7 %. Den höchsten Zuwachs erzielte dabei der Internet- und Versandhandel.
Der Weg für den weiteren Erfolg von Zalando ist also geebnet. Bleibt die Frage nach…
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