Die anhaltende Unfähigkeit der indischen Politik, die überfälligen Reformen in Angriff zu nehmen, bedeutet inzwischen nicht nur verschenkte Wachstumspotenziale, sondern hat sich zu einer ausgewachsenen Währungskrise entwickelt.
So hat die indische Rupie innerhalb der letzten 12 Monate gegenüber dem US-Dollar fast 30 Prozent eingebüßt und damit ein neues Allzeittief markiert – die mit Abstand schlechteste Entwicklung unter allen Schwellenlandwährungen. Das befeuert zusätzlich die Inflation, die nach einem leichten Rückgang im ersten Quartal im April und Mai wieder gestiegen ist, auf zuletzt 7,55 Prozent. Und das trotz des schwachen Wachstums, das im ersten Quartal die niedrigste Dynamik seit 2003 aufgewiesen hat. Doch angesichts des Währungsverfalls und der hohen Inflation sind der Zentralbank die Hände gebunden, eine expansive Geldpolitik scheint derzeit nicht möglich, ohne einen weiteren Druck auf die Rupie auszuüben. Nun versuchen es die Inder mit Erleichterungen für ausländische Investoren. Beispielsweise wurde die Obergrenze für indische Staatsanleihen in ausländischer Hand um 5 Mrd. US-Dollar auf 20 Mrd. US-Dollar angehoben. Auch die Zinsen für Fremdwährungseinlagen wurden erhöht. Doch die Maßnahmen sind nur Kosmetik. An die entscheidenden Stellschrauben, sprich die Liberalisierung zahlreicher Güter- und Dienstleistungsmärkte, ihre Öffnung für ausländische Anbieter, eine Abschaffung der preis- und strukturverzerrenden Subventionen und eine Verbesserung der Genehmigungspraxis für Investitionen, traut sich die Politik nicht heran. Zum Schaden des Landes.
(Juni 2012)
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