Die
Redaktion von 4investors hat mit dem CO-CEO und CFO von Compleo Charging Solutions, Georg
Griesemann, über die aktuelle Unternehmensentwicklung und die
Branchenperspektiven gesprochen.
www.4investors.de: Compleo
Charging Solutions ist am Markt bisher weitgehend unbekannt. Was machen Sie?
Griesemann: Compleo ist ein
führender deutscher Anbieter von Ladelösungen für Elektrofahrzeuge. Mit rund
200 Mitarbeitern konzentrieren wir uns in Dortmund zu 100 Prozent auf die
Entwicklung und Produktion von Ladestationen. Zudem bieten wir damit verbundene
Services an - zum Beispiel die Projektierung oder Installationsleistungen sowie
After-Sales-Dienstleistungen. Wir sind ein Greentech-Unternehmen - und
verstehen uns als Pure-Play-Technologieanbieter, um eine emissionsfreie
Mobilität zu ermöglichen.
Unser
Produktportfolio umfasst sowohl technisch hochentwickelte AC- als auch
DC-Ladestationen, die für öffentliche und halböffentliche Anwendungsfelder oder
auch für Flotten- und Mitarbeiter-Nutzung bestimmt sind. Dank unserer führenden
Technologie haben wir einen starken Kundenstamm aufgebaut und seit 2009 mehr
als 25.000 Ladepunkte in ganz Europa ausgeliefert, die meisten davon im
deutschen Heimatmarkt.
www.4investors.de: E-Mobilität ist derzeit in aller Munde. Wie viele Ladesäulen gibt es
aktuell und wo soll die Reise hingehen?
Griesemann: Die Entwicklung der
Ladeinfrastruktur kann als eine Voraussetzung für den flächendeckenden
Durchbruch der Elektromobilität angesehen werden. Angesichts der aktuellen
Dynamik in der E-Mobility-Branche ist auch in den kommenden Jahren mit
entsprechenden Zuwächsen bei den Ladesäulen zu rechnen. Derzeit gibt es in der
EU rund 175.000 öffentliche Ladepunkte. Bis 2030 werden aufgrund der
politischen Ziele der EU mehr als die zehnfache Menge, nämlich 2,2 Millionen
öffentliche Ladepunkte benötigt. Das sind für uns als Greentech attraktive
Wachstumsperspektiven.
www.4investors.de: Wie
viele Ladesäulen können sie jährlich bauen? Und wo liegt der Preis für eine
Säule?
Griesemann: Die Verkaufspreise
variieren je nach Ladesäulentyp und der individuellen Anwendungsfälle unserer
jeweiligen Kundengruppen. Aktuell arbeiten wir bereits im 2-Schichtbetrieb, um
die Nachfrage unserer Kunden bedienen zu können. Angesichts der zu erwartenden
weiter steigenden Nachfrage planen wir daher auch unsere Produktionskapazitäten
auszubauen. Diese Dynamik im Markt spiegelt sich auch in unserer
Umsatzentwicklung wider: Unser Umsatzniveau des Gesamtjahres 2019 von rund 15
Millionen Euro hatten wir 2020 nach bereits sechs Monaten nahezu erreicht.
www.4investors.de: Wer
sind denn ihre Kunden?
Griesemann: Wir
adressieren mit unseren Ladestationen ein sehr breit gefächertes
Kundenspektrum. Hierzu zählen beispielsweise Großunternehmen wie die Deutsche
Post, die Ladestationen und Dienstleistungen für bundesweite Liegenschaften und
EV-Flotten bei uns zentral einkaufen. Wir haben aber noch weitere "Blue-Chip"-Kunden
wie etwa einen führenden deutschen Automobilhersteller oder Unternehmen wie
Allego, Clever, Telekom, Siemens und EWE Go. Aber auch über 150 Stadtwerke mit
sehr starkem regionalen Schwerpunkt und verschiedene Ladepunktbetreiber gehören
zu unserer Kundenbasis.
www.4investors.de: Und
wer sind ihre Mitbewerber? Und was sind ihre Alleinstellungsmerkmale?
Griesemann: Wir sind in einem sehr
fragmentierten Markt aktiv. Hier kann man zwei Gruppen unterscheiden: Zum einen
mittelgroße reine Anbieter von EV-Ladelösungen, wie zum Beispiel Compleo. Zum
anderen gibt es auch große Global Player, die jedoch nicht so klar fokussiert
sind wie wir. Compleo zeichnet insbesondere die langjährige Erfahrung aus. Mit
11 Jahren Erfahrung sind wir quasi seit den Anfängen der Elektromobilität in
diesem Feld aktiv und daher einer der Pioniere im Markt. Daneben zeichnet uns
insbesondere aus, dass wir stets Innovationsführer waren. Unter anderem war
Compleo der erste Anbieter von AC- und DC-Ladestationen, die dem deutschen
Eichrecht entsprechen, der erste Anbieter von Ladestationen mit
Ad-hoc-Zahlungen über deutsche Giro-/Debitkarten und der erste Anbieter von
Ladestationen, die für die Einführung intelligenter Zähler vorbereitet sind.
Wir verfügen über 50 Patente, die auf uns angemeldet wurden. Erfahrung und
Innovationskraft sind klare Wettbewerbsvorteile.
www.4investors.de: Eichrechtskonformität
ist für Compleo sehr wichtig. Können Sie dies erläutern?
Griesemann: Die
Eichrechtskonformität ist aus unserer Sicht ein wesentlicher Bestandteil für
die Nutzerfreundlichkeit und damit auch der Akzeptanz der Elektromobilität. Zum
einen wollen die Menschen natürlich eine flächendeckende Ladeinfrastruktur, die
sie ganz unkompliziert mit ihrer Girokarte nutzen können. Das ist mit unseren
Ladestationen bereits seit 2018 möglich. Sie als Verbraucher möchten aber auch
die Sicherheit, dass sie genau die Menge an Strom erhalten, für die sie
bezahlen. Und das können unsere eichrechtskonformen AC- und DC-Ladestationen
gewährleisten. Hierfür haben wir unser eigenes sogenanntes SAM-Modul
entwickelt, das von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zertifiziert und
für das ein Patent angemeldet worden ist.
www.4investors.de: Wenn
man an E-Mobilität denkt, denkt man fast automatisch auch an Tesla. Gibt es
hier Beziehungen?
Griesemann: Tesla hat natürlich
ganz wesentlich zur Entwicklung der Elektromobilität beigetragen und pflegt
sein Image als exklusive Marke. Elektromobilität ist mittlerweile auch in der
breiten Automobilindustrie angekommen - auch aufgrund des politischen Drucks.
Für 2030 hat die EU einen klima- und energiepolitischen Rahmen verabschiedet,
der auf eine deutliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen abzielt. Um diese
Ziele zu erreichen und aufgrund des Wettbewerbsdrucks planen die Autohersteller
wiederum die Einführung zahlreicher Elektromodelle. Studien zufolge werden bis
2021 mehr als 200 Modelle in Europa erhältlich sein. Gleichzeitig ist die
Nachfrage da, das belegen die steigenden Zulassungszahlen. Allein von Januar
bis Juli 2020 wurden in Deutschland mehr als 130.000 neue Elektroautos angemeldet.
Damit hat sich der Gesamtbestand innerhalb von sechs Monaten um mehr als 50 Prozent
erhöht. Die deutsche Bundesregierung hat angekündigt, bis 2030 sieben bis zehn
Millionen EVs auf die Straße zu bringen. Nun muss die Ladeinfrastruktur
geschaffen werden - das sind sehr gute Voraussetzungen für uns, um zukünftig zu
wachsen.
www.4investors.de: Wie
sehr profitieren sie von den Plänen der Politik, die E-Mobilität zu fördern?
Griesemann: Die Politik fördert
ganz konkret den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Entsprechend werden auch
wesentliche Investitionen in den Ausbau erwartet. In diesem Jahr sind es in
Europa etwa 600 Millionen Euro. 2025 sollen es dann jährlich bereits 1,8 Milliarden
Euro und 2030 2,9 Milliarden Euro sein. Dies kommt unseren Kunden zugute, wovon
auch wir wiederum profitieren können.
www.4investors.de: Wie
sehen ihre Wachstumspläne aus - auch auf internationaler Ebene?
Griesemann: Um die zu erwartende
steigende Nachfrage nach unseren Ladestationen bedienen zu können, planen wir
zum einen, unsere Produktionskapazitäten zu erweitern. Auch wollen wir weiter
in Vertrieb sowie unser Serviceangebot investieren. Und natürlich beabsichtigen
wir unsere Technologie und unser Produktangebot konsequent weiterzuentwickeln.
International sind aufgrund der regionalen Nähe sowie der Marktreife und des
Marktvolumens für uns bspw. die Benelux-Länder, die nordischen Länder,
Frankreich, Italien oder auch die Schweiz, Polen und Österreich potenzielle
Zielmärkte. In der Vergangenheit haben wir bereits Ladestationen in zwölf
weitere Länder geliefert. Damit haben wir sozusagen die Blaupause für eine
europäische Expansion.
www.4investors.de: Und
wie viel Geld benötigen sie für das weitere Wachstum?
Griesemann: Wir könnten auch wie
bisher aus eigener Kraft weiterwachsen. Aktuell sehen wir jedoch zahlreiche
Opportunitäten, die wir nutzen möchten. In Abhängigkeit dessen, mit welcher
Dynamik wir unseren Wachstumskurs fortsetzen möchten, planen wir mit
Investitionen im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.
www.4investors.de: Sie
haben kürzlich die Rechtsform von der GmbH zur AG verändert. Das Handelsblatt
berichtete dann wenig überraschend über mögliche IPO-Pläne von Compleo. Streben
Sie einen Börsengang an?
Griesemann: Nur so viel: Wachstumspläne
müssen finanziert werden, entsprechend prüfen wir auch fortlaufend
unterschiedlichste Finanzierungsoptionen.
www.4investors.de: Wie
sind derzeit die Besitzverhältnisse bei Compleo?
Griesemann: Dag Hagby, unser aktueller Aufsichtsratsvorsitzender und Mitgründer der
Gesellschaft, hält rund ein Drittel der Anteile. Wir im Vorstand sind von den
guten Zukunftsperspektiven für Compleo ebenfalls überzeugt und entsprechend
beteiligt - Checrallah Kachouh, Jens Stolze und ich halten wirtschaftlich rund
ein Drittel der Anteile. Das verbleibende Drittel entfällt wirtschaftlich auf
die Obotritia Capital Gruppe, geführt von Rolf Elgeti, der Compleo im
vergangenen Jahr als Risikokapitalgeber unterstützt hat. Wir sind froh, dass es
Finanzierungspartner wie die Obotritia Capital gibt, die Wachstumsunternehmen
wie uns unterstützten.