Die Aktie der Austria Technologie & Systemtechnik AG (AT & S) ist nichts für schwache Nerven. Allein in den letzten fünf Jahren hat der Kurs des Platinenbauers eine Bandbreite von 3 bis 18 Euro ausgelotet und damit praktisch wie ein Call auf die ohnehin zyklische Halbleiterbranche gewirkt. Nach einigen schmerzhaften Sanierungsprozessen zeigt sich das Unternehmen nun aber nicht nur deutlich stabilisiert, sondern nachhaltig für weiteres Wachstum gerüstet. Die Börse preist dies noch nicht hinreichend ein.
Mit über 500 Mio. Euro Umsatz zählt AT&S zu den weltweit führenden Herstellern von Leiterplatten. In Europa sind die Österreicher klarer Marktführer, global die Nummer zwei hinter Unimicron. Die Angebotspalette deckt praktisch das gesamte Spektrum hochwertiger Platinenlösungen ab, von einseitigen über doppelseitig durchkontaktierte, mehrlagige bis hin zu hochdichten (HDI) und flexiblen Ausführungen. Etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes generiert der Steiermarker Konzern im Segment Mobile Devices, wo nahezu die gesamte Elite der Smartphone- und Tablet-Branche einschließlich Apple und Samsung beliefert wird. Im zweiten Geschäftsfeld, das maßgeschneiderte Platinen für Industrie- und Automobilanwendungen umfasst, liest sich die Kundenliste mit Namen wie Siemens, General Electric oder Continental nicht minder beeindruckend.
Quasi im Schlepptau dieser Branchengrößen konnten die Österreicher zuletzt wieder deutlich wachsen. Nachdem der Umsatz schon im Gesamtjahr 2012/13 um 5 % auf 514 Mio. Euro zulegte, kam er in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres (bis 31.12.13) sogar um 11 % auf 451 Mio. Euro voran. Dazu trugen beide Geschäftsbereiche gleichermaßen mit zweistelligem Wachstum bei. Gleichzeitig wurde die Profitabilitätsschwelle durch den Abbau personeller Überkapazitäten sowie insbesondere Standortverlagerungen nach Asien, wo inzwischen 75 % der Produktion stattfindet, nachhaltig gesenkt. Der Lohn: Das EBITDA legte deutlich überproportional um 35 % auf 100 Mio. Euro zu. Lag die operative Marge vor fünf Jahren noch um die 10 %, so hat sie sich inzwischen mehr als verdoppelt auf zuletzt 22,2 %.
Dennoch nimmt das Management den Fuß nicht von der Kostenbremse, schließlich ist der Platinenmarkt nicht nur wachstumsstark (mit erwarteten 3,5 % Zuwachs p.a. bis 2017), sondern auch äußerst wettbewerbsintensiv. Jüngstes Opfer ist das unrentable AT&S-Werk in Klagenfurt, das Ende letzten Jahres geschlossen werden musste. Gleichermaßen entschlossen treibt der Vorstand allerdings auch die Expansion in ein neues Geschäftsfeld voran, die sog. IC-Substrate. Dabei handelt es sich um eine komplexe Zwischenschicht, die Platine und Chip platzsparender als mit den bislang üblichen Bleirahmen verbindet. Der Markt wächst zurzeit fast doppelt so schnell wie das Platinensegment und ist aufgrund der hohen technischen und finanziellen Eintrittsbarrieren deutlich margenstärker. Der Vorstand hält das neue Geschäftsfeld daher für nicht weniger als eine „Jahrhundertchance“ für AT&S – ähnlich sieht es offenbar Branchenriese Intel, der als Kooperationspartner mit eingestiegen ist. Rund 350 Mio. Euro sollen bis zum Produktionsbeginn in 2016 in das neue Geschäft investiert werden, derzeit wird eigens dafür ein neues Werk im chinesischen Chongquing errichtet. Die Finanzierung scheint nicht zuletzt dank der jüngsten Kapitalerhöhung, die den Österreichern weitere 100 Mio. Euro in die Kasse gespült hat, in trockenen Tüchern.
Diese Potenziale spiegeln sich aber nicht annähernd im aktuellen Kurs wider. Genau genommen wird derzeit überhaupt kein Wachstum eingepreist. Legt man für das in Kürze ablaufende Geschäftsjahr 2013/14 die Vorstandstaxe zugrunde, die ein moderates Umsatzwachstum von 5 % bei einer EBITDA-Marge von 18-20 % vorsieht, so sollte unterm Strich ein Nettogewinn um 1 Euro je Aktie hängenbleiben. Das entspricht einem KGV von gerade einmal 8 für 2013/14. Noch deutlicher zeigt es unser Ertragswertmodell: Selbst wenn man für die kommenden Jahre nur stagnierende Gewinne (ewige Rente) unterstellt, beliefe sich der faire Wert bei einer hohen Renditeforderung von 10 % p.a. auf 10 Euro. Beim aktuellen Kurs von 8,30 Euro ist demnach eine dauerhafte Gewinnschrumpfung eingepreist – für die es fundamental derzeit keine Anhaltspunkte gibt. Die Vorzeichen stehen vielmehr voll auf Wachstum. Wie kolportiert wird, will der Vorstand allein im Geschäft mit IC-Substraten in drei bis vier Jahren schon 400 Mio. Euro erlösen, im Konzern wird dann die Milliardenmarke angepeilt. Alles dank verbessertem Umsatzmix mit deutlich höheren Margen als heute.
AT&S hat sich dank rigidem Kostenmanagement und einer schlüssigen Expansionsstrategie in eine aussichtsreiche Lage gebracht. Sofern das Unternehmen den eingeschlagenen…
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