In der Gesamtschau muss man das Börsendasein der DEAG bislang als Fiasko bezeichnen. 1998 in den wilden Zeiten des Neuen Marktes zu rd. 16 Euro erstgelistet und in der Spitze über 90 Euro gestiegen, stürzte die Aktie 2002 auf unter 1 Euro ab. Nach vielen Jahren des Siechtums erholte sich das Papier bis 2015 auf gut 8 Euro, um nach einem weiteren Rückschlag in die aktuelle Range um 3 Euro zu fallen. Auf dem jetzigen Niveau ist der Eventveranstalter allerdings derart günstig bewertet, dass jegliche operativen Fortschritte erhebliches spekulatives Potenzial auslösen.
Denn strukturell stehen die Berliner gar nicht so schlecht da. Mit rd. 2.000 Konzerten/Shows und 5 Mio. verkauften Tickets im Jahr zählt die DEAG zu den großen und fest etablierten Eventveranstaltern auf dem europäischen Markt. Thematisch ist das Programm weit gefächert und reicht von Rock & Pop, über Klassik & Jazz sowie Schlager & Volksmusik bis hin zu Festivals und Showveranstaltungen. Im Kerngeschäft „Live Touring“, das etwa 60 % der Konzernerlöse beisteuert, übernimmt die DEAG die komplette Tournee-Organisation, vornehmlich in Deutschland und Großbritannien. Im zweiten Geschäftsfeld „Entertainment Services“ werden diverse Dienstleistungstöchter zusammengefasst, etwa die lokalen Eventveranstalter, das Label- und Verlagsgeschäft und nicht zuletzt der immer bedeutsamere Online-Ticketverkauf.
Obwohl das Veranstaltungsgeschäft prinzipiell eher unstetig ist, kann die DEAG ein bemerkenswert stabiles Umsatzwachstum vorweisen. In neun der letzten zehn Jahre wurden die Erlöse gesteigert, im Schnitt um 10 % pro Jahr. Das liegt vor allem am zugkräftigen Staraufgebot, das der Veranstalter dank seiner gefestigten Marktposition regelmäßig im Programm hat, zuletzt etwa mit Rockbands wie KISS und Iron Maiden oder Klassik- und Jazzgrößen wie David Garrett und Till Brönner. Achillesferse des Konzerns ist hingegen die Ertragsseite. EBIT-Margen über 5 % sind eine Seltenheit, zweimal seit 2007 musste sogar ein Verlust ausgewiesen werden. So auch 2015, als das EBIT gleich mit 26 Mio. Euro in die Miesen rutschte und damit den letzten Kurssturz verursachte. Hauptverantwortlich dafür war allerdings ein singuläres Ereignis, namentlich der missglückte Versuch, das Festival „Rock am Ring“ zu übernehmen bzw. ein Nachfolgefestival („Rock im Revier“) zu etablieren.
Davon haben sich die Berliner aber inzwischen erholt. Nachdem im ersten Halbjahr 2016 noch ein EBIT-Verlust von 3,6 Mio. Euro geschrieben wurde, steht ein Jahr später schon wieder ein operativer Gewinn von 0,3 Mio. Euro zu Buche. Auch im weiteren Jahresverlauf sollte sich der Trend fortsetzen, denn die Eventpipeline ist mit Top-Acts wie den Rolling Stones, Tokio Hotel, Anna Netrebko, Andrea Bocelli oder Diana Krall gut gefüllt. Weiteres Potenzial birgt der Bereich Family Entertainment, wo etwa die 2016 erfolgreich in drei Städten initiierte Weihnachtsshow „Christmas Garden“ nun auf sechs Städte (bzw. auf zehn in 2018) ausgeweitet werden soll. Und schließlich wurde auch die Präsenz im boomenden britischen Eventmarkt weiter ausgebaut, hier wurde mit dem Kauf von 60 % der Anteile des Promoters Flying Music Group kürzlich die dritte Übernahme in Folge abgeschlossen, zudem ist ein Zweitlisting an der Londoner Wachstumsbörse AIM geplant.
Mithin halten wir die Vorstandsprognose, die für 2017 ein leichtes Umsatzwachstum sowie ein EBIT im mittleren bis oberen einstelligen Millionen-Euro-Bereich vorsieht, für realistisch, wenn nicht…
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