Ägypten schien in den letzten Monaten wiederholt dem Abgrund nah. Die gewählten Politiker lieferten sich mit dem Militärrat ein zähes Ringen um die Macht, nicht selten drohten dabei – etwa nach der Auflösung des Parlaments – neue Turbulenzen. Nun hat Präsident Mursi die Militärs in die Schranken gewiesen, offenbar mit Erfolg.
Noch einen Tag nach dem Coup reiben sich die politischen Analysten verwundert die Augen. Handstreichartig hat Präsident Mursi Feldmarschall Mohammed Tantawi zum Berater degradiert. Tantawi war zuvor Verteidigungsminister und vor allem Chef des mächtigen Militärrats – und damit so etwas wie der heimliche Präsident des Landes. Gleichzeitig wurden Verfassungszusätze aufgehoben, die den Militärs umfangreiche Machtbefugnisse sichern sollten. Wenn dies kein abgekartetes Spiel ist, bei dem den Soldaten heimlich in anderen Bereichen (etwa den wirtschaftlichen Privilegien) deutlich entgegen gekommen wurde, ist der Schritt eine Sensation. Aber selbst wenn es sich dabei „nur“ um einen Deal handelt, scheint die politische Führung und damit auch die Gewaltenteilung zunächst einmal deutlich gestärkt. Macht Ägypten weiter auf diesem Weg, könnte das Vertrauen der Investoren langsam zurückkehren.
(August 2012)
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