So mancher dürfte die Tomorrow Focus AG vor allem noch mit dem Online-Portal des Print-Magazins Focus in Verbindung bringen. Das ist aber Schnee von gestern, ebenso wie das vorübergehend verfolgte Geschäftsmodell einer Internetholding mit diversen Standbeinen. Der Burda-Ableger wandelt sich zum reinrassigen Reisevermittler, alle anderen Aktivitäten – und damit immerhin 40 % des Konzernumsatzes – werden abgestoßen. Für die Bewertung der Aktie erwächst hieraus ein explosives Potenzial, denn derartige Geschäftsmodelle werden an der Börse hoch gehandelt.
Mit entsprechendem Hochdruck treibt das Management die Konsolidierung voran. Bestand die Holding zu Jahresbeginn neben der Travel-Sparte noch aus den Segmenten Subcription (Abomodelle) und Publishing (insb. Focus Online, Finanzen100), so wurde letzterer Bereich inzwischen schon komplett für rd. 30 Mio. Euro an die Mutter Burda verkauft. Ebenfalls im fortgeschrittenen Stadium befindet sich die Auflösung der Subscriptions-Sparte. Für Elitepartner.de wurde bereits ein Käufer gefunden, der 20 Mio. Euro für die Partnervermittlung berappen will, hier wird das Placet der Kartellbehörden bis zum Jahresende erwartet. Bis dahin sollen auch die beiden anderen Aboplattformen Jameda (Ärztebewertung) und Organize.me (Dokumentenablage) verkauft sein, für die nach Unternehmensangabe jeweils ein reges Käuferinteresse besteht.
Übrig bleiben soll dann nur noch besagtes Kerngeschäft der Online-Reisevermittlung, aber das hat es in sich. Flagschiff ist das Hotelbewertungs-Portal HolidayCheck.com, das mit monatlich rd. 6 Mio. Besuchern und 170 Mio. Seitenaufrufen zusammen mit Booking.com, einer Tochter des US-Riesen Priceline, führend in Deutschland ist. Daneben runden ähnliche Portale für die Benelux-Staaten, ein Wetterservice sowie ein Softwarespezialist für Reiseportale das Portfolio ab. In den letzten Jahren konnte das Travel-Segment mit jeweils zweistelligen Raten dynamisch wachsen. Zuletzt in 2014 legte der Umsatz um 11,5 % auf 95,8 Mio. Euro zu, das EBIT kam um 12,2 % auf 16,7 Mio. Euro voran.
Ein Selbstläufer ist die Branche allerdings nicht. Da der Markt nur geringe Eintrittsbarrieren hat und wenig Differenzierung erlaubt, herrscht ein reger Wettbewerb. Das bekam auch Tomorrow Focus zu spüren, aufgrund erhöhter Werbemaßnahmen der Konkurrenz lag das Umsatzwachstum des fortgeführten Bereichs im ersten Halbjahr 2015 mit 3,6 % unter den Planungen, das EBIT rutschte infolge hoher Einmalaufwendungen für die Restrukturierung sogar leicht ins Minus. Dabei dürfte es sich jedoch nur um eine vorübergehende Verschnaufpause handeln, denn das längerfristige Potenzial der Branche ist nach wie vor riesig. Über 50 Mrd. Euro geben die Deutschen jedes Jahr für Pauschalreisen aus und erst 30 % davon werden online gebucht. An der Ausschöpfung dieses Potenzials sollte Tomorrow Focus als Marktführer überproportional partizipieren können. Zumal die Münchener derzeit erheblich in den Ausbau ihrer IT-Plattform (Bedienkomfort, Personalisierung, mobile Nutzung etc.) investieren, insbesondere um die hohen Nutzerzahlen noch effektiver in Urlaubsbuchungen zu konvertieren.
Hier liegt denn auch einer der wesentlichen Hebel für die Aktie. Während die…
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