Gemessen an den aktuellen Geschäftszahlen passiert gerade nicht sonderlich viel bei United Internet. Und gemessen am Aktienkurs, der sich seit Anfang 2018 fast halbiert hat, könnte man sogar noch Schlimmeres vermuten. Tatsächlich aber stehen beim Internetgiganten aus Montabaur mit dem Erwerb der 5G-Lizenzen gravierende Umbrüche ins Haus, die für neue Dynamik sorgen könnten.
Denn zumindest strukturell hat United Internet nach wie vor eine gesunde Basis für weiteres Wachstum. Mit über 24 Mio. kostenpflichtigen Kundenverträgen zählen die Pfälzer zu den führenden europäischen Telekommunikationsanbietern. Größte Geschäftseinheit ist mit gut 70 % Umsatzanteil das Segment „Access“. Hier bietet das Unternehmen insbesondere unter der Marke 1&1 Mobilfunk- und Internetzugänge für Privat- und Firmenkunden an und zählt sich damit im deutschen Markt – auf den sich das Angebot beschränkt – zu den führenden Playern. Gleiches gilt auch für das zweite, allerdings international aufgestellte Segment „Applications“, in dem unter bekannten Marken wie GMX, Web.de oder Mail.com werbefinanzierte und kostenpflichtige Dienste wie Homepages, Webhosting und Email-Konten für Konsumenten und Firmen in Europa sowie Nordamerika angeboten werden.
Da das Geschäft größtenteils in gesättigten Branchen mit intensivem Wettbewerb stattfindet, kann United Internet damit naturgemäß keine großen Sprünge machen. Dennoch gelingt es dem Management zumindest, seit vielen Jahren relativ beständig ein leichtes Wachstum herauszuholen. Auch im ersten Halbjahr 2019 konnte der Umsatz wieder leicht um 1,1 % auf 2,58 Mrd. Euro gesteigert werden, wobei der Zuwachs ohne die volatilen Hardwareerlöse mit 3,4 % noch etwas kräftiger ausfiel. Dass das operative Ergebnis (EBITDA) sogar zweistellig um 11,4 % vorankam, lag vor allem am margenstarken Firmenkundengeschäft mit Internetzugängen. Hier profitiert das Unternehmen immer mehr von seinem eigenen Glasfasernetz, das mit inzwischen 47 Tsd. Kilometern zu den größten in Deutschland zählt.
Das Thema Netzausbau wird auch in den kommenden Jahren maßgeblich die Entwicklung von United Internet bestimmen, und zwar nicht nur im Festnetz- sondern auch im Mobilfunkbereich. Denn der Tochter 1&1 Drillisch ist es im Juni gelungen, sieben der heißbegehrten Frequenzen für das ultraschnelle 5G-Netz zu ersteigern. Damit steigt United Internet in eine völlig neue Liga auf, nämlich vom Netzvermittler zum vierten Netzbetreiber in Deutschland. Die Lizenzkosten waren mit 1,07 Mrd. Euro zwar gewaltig und die Kosten des Netzausbaus werden noch um ein Vielfaches höher liegen. Aber der Vorstand hat angesichts der skeptischen Börsenreaktion schon einmal beteuert, die Finanzierung im Wesentlichen aus dem (sehr hohen und stabilen) Cashflow stemmen zu können. Das auch deshalb, weil sich der Konzern in einer taktisch komfortablen Lage befindet: Denn der Konkurrent Telefónica ist aufgrund einer Kartellauflage im Zuge der E-Plus-Fusion noch bis 2025 verpflichtet, 1&1 zu günstigen Konditionen bis zu 30 % seiner Netzkapazitäten zur Verfügung zu stellen, und zwar auch für…
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