Mit einer oligopolistischen Struktur und einer umfassenden Regulierung, die für hohe Eintrittsbarrieren sorgt, ist der Pharmagroßhandel nicht gerade prädestiniert für potenzialträchtige Markteintritte. Dass man mit dem richtigen Konzept dennoch eine beeindruckende Wachstumsstory schreiben kann, demonstriert die Medios AG aus Berlin. Und dem Newcomer steht der größte Schub möglicherweise erst noch bevor.
Auf „Specialty-Pharma“-Arzneimittel entfallen etwas mehr als ein Fünftel des Apothekenumsatzes in Deutschland (rd. 47,8 Mrd. Euro in 2015). Dabei handelt es sich um besonders teure Medikationen, die beispielsweise chronische Autoimmun- und Infektionskrankheiten oder Krebs adressieren. Für die fünf führenden Pharmagroßhändler, die zusammen auf einen Marktanteil von ca. 90 % in Deutschland kommen, ist das Segment eher unattraktiv. Die von der Regulierung vorgegebenen Preismechanismen sorgen für geringe Margen, während die nötige Bevorratung eine hohe Kapitalbindung bedingt. Mit einem innovativen Konzept ist Medios in den letzten vier Jahren in die Nische vorgestoßen. Die Berliner bündeln den Bedarf, verhandeln mit den Herstellern attraktive Rabatte (im Rahmen der regulatorischen Grenzen) und können so ihren Kunden bessere Konditionen bieten. Mittlerweile bedient Medios Pharma, eine Tochter der AG, ca. 100 Apotheken und erzielte im letzten Jahr bei einem Umsatz von 127,5 Mio. Euro ein EBIT von 3,9 Mio. Euro.
Medios konnte bei der Markterschließung auf eine langjährige Expertise im Bereich der patientenindividuellen Medikationen zurückgreifen, die einen Teilbereich der Specialty-Pharma-Arzneimittel darstellen und für die Nutzung extra hergestellt werden. Die bereits 2008 gegründete Tochter Medios Manufaktur verfügt über eine Herstellungserlaubnis und eine Reinraum-Produktionsstätte. Im letzten Jahr wurden etwa 50.000 Zubereitungen erstellt und damit ein Umsatz von 43,5 Mio. Euro sowie ein EBIT von 2,3 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Manufaktur beliefert über Apotheken rd. 100 Arztpraxen, größtenteils in Berlin. Dort hatte Medios zwölf von insgesamt 14 Ausschreibungen der AOK für die Arzneimittelherstellung gewonnen, was die hohe Kosteneffizienz der Produktion dokumentiert.
Sowohl die Handels- als auch die Produktionstochter gehen zurück auf Gründungen des Medios-CEO Manfred Schneider. Die beiden Unternehmungen wurden im letzten Jahr in der Medios AG gebündelt – wobei die Aufstockung der Anteile an der Manufaktur auf 100 % erst im laufenden Jahr erfolgte – und über ein Reverse-IPO an der Börse Frankfurt eingeführt (im Vorfeld gab es bereits eine Notiz in Hamburg). Zur weiteren Wachstumsfinanzierung wurde im Rahmen dessen eine Barkapitalerhöhung durchgeführt, die einen Emissionserlös von 19,3 Mio. Euro eingebracht hat. Das neu formierte Unternehmen erzielte im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 160,4 Mio. Euro und einen operativen Gewinn von 5,8 Mio. Euro, was gegenüber den Pro-Forma-Werten aus 2015 Zuwächsen von 78,0 resp. 107,1 % entsprach.
Obwohl es Medios gelungen ist, in einer kurzen Zeitspanne in eine beträchtliche Größenordnung vorzustoßen, scheint ein Ende des dynamischen Wachstumsprozesses nicht absehbar. Im Großhandel wird erst…
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