Mit einem dermaßen langen Leidensweg hätte wohl niemand gerechnet. Dabei war es schon klar, dass die Aktie von R. Stahl nach dem krachend abgeschmetterten Übernahmeversuch durch Weidmüller zu 50 Euro je Anteilschein vor mittlerweile mehr als fünf Jahren vor schweren Zeiten stehen würde. Zu sehr wurden die Interessen der freien Aktionäre von den Familiengesellschaftern missachtet. Zudem lehnte sich der Anbieter von explosionsgeschützten Elektronikbauteilen damals mit seinen Prognosen derart weit aus dem Fenster, dass Enttäuschungen vorprogrammiert waren. Und so kam es dann auch: Die konjunkturelle Wirklichkeit holte R. Stahl sogar deutlich schneller und noch härter als gedacht ein.
Soweit der Rückblick im Schnelldurchlauf. Mit einem frischen Management legt das Unternehmen seit Mitte 2018 einen Neustart hin. Noch sind die Zahlen freilich von umfangreichen Bereinigungen im Zuge der Restrukturierung geprägt, doch die operativen Verbesserungen sind klar erkennbar – und das zeichnet sich allmählich auch im Aktienkurs ab.
Vom Tief bei rund 20 Euro hat sich die Notiz mittlerweile bis auf knapp 28 Euro vorgearbeitet, womit R. Stahl auf einen Börsenwert von annähernd 178 Mio. Euro kommt. Zum Vergleich: Für das Gesamtjahr 2019 stellt CEO Mathias Hallmann Erlöse von rund 275 Mio. Euro sowie ein um außerordentliche Faktoren bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von mehr als 30 Mio. Euro in Aussicht. Damit hat Hallmann die Messlatte für das EBITDA mit Vorlage des Neun-Monats-Berichts nochmals um ein Stück heraufgesetzt, nachdem sie zuletzt in einer Bandbreite von 28 bis 30 Mio. Euro lag.
Wesentliche Treiber der steigenden Zuversicht sind die im dritten Quartal erzielten Zuwächse bei den Umsätzen, die Fortschritte bei der Restrukturierung sowie ein allgemein günstigerer Produktmix. So kam R. Stahl nach neun Monaten 2019 beim bereinigten EBITDA von 12,8 auf 23,5 Mio. Euro voran. Unterm Strich drehte das Ergebnis sogar von minus 2,4 auf plus 2,6 Mio. Euro – was auf einen Gewinn je Aktie von 0,40 Euro hinausläuft. Einziger Wermutstropfen ist, dass sich die Erlöse nicht in dem ursprünglich erhofften Tempo entwickeln. Hier zeigt sich die weiterhin starke Abhängigkeit von wichtigen Abnehmerbranchen wie Öl & Gas, Chemie oder auch dem Elektroniksektor. Andererseits ist es ein ermutigendes Zeichen, dass R. Stahl – trotz des rauen Umfelds – eher zuversichtlicher wird, was die Gesamteinschätzung des Unternehmens betrifft.
Trotz der bereits erzielten Verbesserungen: Auffällig ist, wie sehr sich das Unternehmen derzeit noch mit seinen Investor-Relations-Aktivitäten zurückhält. Auf den einschlägigen Kapitalmarktkonferenzen ist die Gesellschaft momentan eher nicht anzutreffen, und auch die Coverage durch Analysten läuft auf Sparflamme. Das ist einerseits ein Malus, eröffnet mittelfristig orientierten Anlegern aber...
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