Als wir im Dezember die Aktie des E-Commerce-Pioniers Intershop analysierten, haben wir die Erwartung formuliert, dass das vierte Quartal eine deutliche Belebung der Umsatzentwicklung und eine spürbare Gewinnverbesserung bringen sollte. Wäre dies eingetreten, so unser damaliger Tenor, dürfte die Aktie die Talsohle durchschritten haben. Doch diese Erwartung ist nur teilweise erfüllt worden, weswegen sich die Anlegerbegeisterung für die Aktie des Softwareanbieters zuletzt merklich abgekühlt hat.
Die positivste Entwicklung war das hohe Wachstum der Lizenzeinnahmen, die sich im vierten Quartal um 105 % verbesserten und dadurch auch im Gesamtjahr um 20 % auf 6,3 Mio. Euro zulegten. Nach neun Monaten wies dieser GuV-Posten hingegen noch einen 25-prozentigen Rückgang auf 2,6 Mio. Euro aus. Damit haben sich im vierten Quartal die vorangegangenen Investitionen in die Produktentwicklung sowie in die Neuausrichtung und den Ausbau des Vertriebs erstmalig spürbar ausgezahlt. Intershop konnte damit zeigen, welches Potenzial die Refokussierung auf das Produktgeschäft birgt. Von der neuen Dynamik der Lizenzerlöse profitierte naturgemäß auch der Gesamtumsatz, der im Gesamtjahr um 3 % auf 53,6 Mio. Euro gesteigert werden konnte.
Angesichts des massiven Anstiegs der hochmargigen Lizenzerlöse blieb die Ergebnisentwicklung allerdings enttäuschend. Das EBIT des Gesamtjahres 2013 wurde mit -3,2 Mio. Euro gemeldet – und damit auf dem bereits zum 30. September erreichten Niveau. Mit anderen Worten ist es Intershop zwischen Oktober und Dezember trotz der 3,7 Mio. Euro an Lizenzeinnahmen nicht gelungen, einen signifikanten operativen Überschuss zu erwirtschaften. Verantwortlich dafür sind vor allem die hohen Vertriebs- und Marketingaufwendungen, die sich allein im vierten Quartal auf 3,4 Mio. Euro beliefen und die im Gesamtjahr um 43 % auf 11,9 Mio. Euro zulegten. Während die Entwicklungskosten, die in den Vorjahren das Ergebnis massiv belastet hatten, nun um ein Viertel auf 3,5 Mio. Euro zurückgefahren wurden, hat Intershop für den Vertrieb im letzten Jahr 22 % seiner Umsätze aufgewendet.
Ein Schwerpunkt der forcierten Vertriebsaktivitäten liegt in Nordamerika, dem weltweit größten Markt. Allerdings gestaltet sich die Expansion jenseits des Atlantiks nicht reibungslos, im letzten Jahr waren die USA die einzige Region, in der Intershop einen rückläufigen Umsatz zu verzeichnen hatte. Aus diesem Grund wurde auch der Amerika-Vertrieb personell komplett neu besetzt. Doch offensichtlich scheinen die bisherigen Bemühungen noch nicht den erhofften Durchbruch zu bringen, denn im März überraschte Intershop mit der Mitteilung, dass der Vertriebs- und Marketingaufwand speziell im Hinblick auf die USA erneut erhöht werden soll, weswegen die Thüringer auch das laufende Jahr mit einem negativen EBIT im „niedrigen siebenstelligen Bereich“ abschließen würden.
Das Management scheint demnach fest entschlossen, den Erfolg erzwingen zu wollen. Angesichts der vielfach prämierten Softwarelösung, der zahlreichen namhaften Referenzen und des wachsenden Bedarfs an modernen E-Commerce-Lösungen erscheint diese Konzentration auf den Vertrieb nachvollziehbar, bedeutet aber, die Profitabilität zugunsten der Gewinnung von Marktanteilen zurückzustellen. Diese Strategie impliziert die Erwartung, dass anschließend eine Phase folgt, in der Intershop „in Ruhe“ die Ernte einfahren wird. Angesichts der Wettbewerbsintensität des adressierten Marktes und der großen finanziellen Spielräume einiger Wettbewerber erscheint diese Strategie aber nicht risikolos.
Intershop konnte im vierten Quartal andeuten, welche Dynamik die Refokussierung auf das Produktgeschäft ermöglicht, hat es aber bisher nicht geschafft, damit profitabel zu werden. Und auch im laufenden…
Bitte beachten Sie unseren Disclaimer zu möglichen Interessenskonflikten